Geschichte
Halbrelief an der Fassade des Konstanzer Stadttheaters.
Es zeigt wie der Hanswurst aus dem Theater gejagt wird.
Ursprung
Konstanz blickt auf eine alte Fasnachtstradition zurück, die von verschiedenen Einflüssen geprägt wurde. Als bedeutende Stadt an der Handelsstraße von und nach Italien, kamen zu Beginn der Barockzeit neben Händlern auch Schauspielgruppen in den Süddeutschen Raum. So waren auch in Konstanz die fahrenden Gruppen der Commedia dell`Arte bei den Bürgern eine beliebte Abwechslung. Es traten dabei auch vielfältige Arten von Harlekinen bzw. Hanswursten auf. Das Konstanzer Jesuitentheater bot sich für solche Aufführungen geradezu an. So kann man annehmen, dass dies mit ein Hauptgrund dafür war, dass sich interessierte Bürger ebenfalls solch eine lustige Figur als Narrenfigur zu eigen machen wollten. Sie entwarfen, inspiriert von den unterschiedlichsten Typen dieser Figuren, einen sogenannten Weißnarr nach ihren eigenen Vorstellungen. So konnten sie an den närrischen Tagen in den Gassen der Stadt, ähnlich wie die Harlekine/Hanswurste, die Bürger verulken.
Überlieferungen
Ph.Ruppert (Gymnasiallehrer) schreibt um ca. 1890:
„Früher, und da brauchen wir gar nicht soweit zurückzugehen, ältere Leute werden meine Worte bestätigen, da schlüpften nicht bloß Knaben und halbgewachsene „Pennäler“ in die Hanselkutte, sondern auch ältere und alte Personen ohne Rücksicht auf Stand und Würde; der Paradieser, wie der Ratsherr und der Beamte vertauschten an diesen Tagen ihre gewöhnliche Kleidung mit dem Narrenhäs und der Kopf des ehrbaren Standesherren schmückte an Stelle des wohl pomadierten Zopfes der Fuchsschwanz.
Da konnte man noch Witz und Scherz hören, wenn er schon etwas derb war, man empfing und gab wieder und auch die verehrlichen Stadträte waren damals noch nicht so empfindlich.
Von allen Seiten her ertönten die geistreichen Worte: „ So, so bischt du au do, bischt au do! Gelt mi kennscht de nit, mi au nit“, und es machte den Herren Hanseli viel Freude mit ihren Pritschen auf Schultern und Rücken "dätscheln" zu können.
Das waren die braven Hanseli. Aber es gab auch einige Lümmel darunter, die durch Schläge auf den Hut oder mit der umgekehrten Pritschenseite datschten.
Die Kleidung des Hanseli war früher kostspieliger und hübscher als jetzt, ziemlich ähnlich dem Anzuge, wie er noch in Villingen und der Baar üblich ist.
Der weiße Zwilch war mit drolligen Figuren in grellen Farben bemalt. Die Holzlarve war schön geschnitten und hinten an der Kapuze hing der lange Fuchsschwanz.“
W. Quenzer – Sonderheft, Fasnacht im Hegau, Thorbecke Verlag Konstanz ersch. 1960:
„Nur wenige wissen heute noch, daß auch die alte Bischofstadt am See ursprünglich einen Hansele hatte, der seinen Verwandten im Narrendreieck Villingen – Rottweil – Oberndorf ähnlich sah, und der Überlieferung nach aus dem Tirol eingewandert sein soll.
Einst war der weiße Zwilch mit Glöckchen versehen und mit drolligen Figuren bemalt, darunter Tiergestalten wie Bär und Seehas. Von der Kapuze, die die schön geschnittene Holzlarve bedeckte, hing hinten der lange Fuchsschwanz herab.“
Rekonstruktion der Alt-Konstanzer Hansele
Nach mehrjährigen mühsamen Nachforschungen, einschließlich den Prüfungen durch den Kulturbeirat der Vereinigung schwäbisch-alemannischer Narrenzünfte, konnte Stück für Stück die Hanselefigur in seiner heutigen Form, federführend von dem Konstanzer Markus Stengele, nachgebildet werden.
Das Gesamtbild der Rekonstruktion stellt einen klassischen Weißnarren in seiner ursprünglichsten Form dar. Dies gilt besonders für die sehr aufwändige und jeweils individuelle Ölbemalung des Häses (keine Einheitsbemalung). Diese Besonderheit ging leider im Laufe der Jahre bei den meisten der heutigen Weißnarrenzünften aus Vereinfachungs- und Kostengründen verloren.